Traumatisierte Eltern = Traumatisierte Kinder?
Traumatische Erfahrungen der Eltern wirken sich auf die ganze Familie aus, wodurch sie zum zentralen Angelpunkt werden können und das Denken, Fühlen, Erleben und Handeln beeinflussen. So kann in Kriegszeiten Nähe zu anderen Menschen gefährlich gewesen sein („Wem kann man trauen?“). Distanz zu Mitmenschen war eine Art des Selbstschutzes. Diese Einstellung kann sich so verfestigen, dass sie als prägende Überzeugung an die Kinder weitergegeben wird.
Wie werden Kinder durch die Traumata ihrer Eltern in ihrer Entwicklung beeinflusst?
Kinder spüren die Ängste, Schamgefühle und Schuldgefühle der Eltern. Diese Erfahrungen können im weiteren Leben als Jugendliche und Erwachsene die Fähigkeit, eine eigene Partnerschaft einzugehen, aufgrund der jahrelangen bewussten und unbewussten Botschaften der Eltern beeinträchtigen. Traumatische Erfahrungen können aber auch Auslöser dafür sein, dass Eltern ihre Kinder sehr eng an sich binden. Dadurch wird eine altersentsprechende Entwicklung der persönlichen Autonomie ihrer Kinder eingeschränkt oder sogar über lange Zeiträume verhindert. Dies kann z.B. eintreten, wenn während der Flucht ein Kind gestorben ist, nicht beerdigt und betrauert werden konnte. Daraufhin kann die Trauer über das verstorbene Kind zum zentralen Fixpunkt in der Familie werden. Die bewusste Wahrnehmung und Förderung des überlebenden Kindes wird beeinträchtigt.
Die in der Folge traumatischer Erfahrungen entstandenen Bewältigungsstrategien können an die nachfolgende Generation in Form von unbewussten Ängsten weitergereicht sein. Das Schweigen in Familien über traumatische Erlebnisse (Nicht mehr von der schlimmen Zeit reden zu wollen) kann dazu führen, dass in späteren Generationen der biographische Zusammenhang bei auftretenden Ängsten nicht mehr bewusst ist und erst mühsam im Verlauf einer Psychotherapie erarbeitet werden muss.